Zwischenbilanz für Frau Merkel in Saudi Arabien: Eine Farce

Sonntag 30. April 17 23:19

Der Regierungssprecher verkündete heute morgen vor dem Abflug in Berlin-Tegel froh, Frau Merkel werde sich mit Vertretern der Zivilgesellschaft in Saudi Arabien treffen, vor allem mit Frauengruppen.

Tatsächlich hat sich die Bundeskanzlerin mit einer Gruppe von Unternehmerinnen getroffen, die die saudische Agenda 2030 promotet haben. So sollen 30 Prozent der Führungspositionen bis 2030 in Saudi Arabien von Frauen bekleidet werden. Fakt ist, dass schon heute einige Frauen Führungspositionen innehaben, der entscheidende Punkt ist jedoch, dass sie dies nicht ohne die Erlaubnis ihres Vormundes tun dürfen. Und der Vormund einer erwachsenen Frau in Saudi Arabien kann auch ihr minderjähriger Bruder sein, weibliche Menschen haben in Saudi Arabien nicht den Status eines vollwertigen Menschen. Sie sind Menschen zweiter Klasse, Unmündige, die einen Vormund brauchen. Bei Verhandlungen mit Saudi Arabien bleiben die wichtigsten Inhalte die institutionalisierte Geschlechterapartheid und andere Menschrechtsverletzungen. Neben Raif Badawi gibt es weniger bekannte Fälle von Bloggern und anderen Aktivisten, die zum Tode verurteilt wurden. Erst vor wenigen Tagen wurde Ahmad Al-Shamri verurteilt, einzig, weil er Atheist ist. Auf die Abkehr vom Islam steht in dem Königreich nach wie vor die Todesstrafe. Saudi Arabien gehört zu den Spitzenreitern bei Exekutionen, im Januar 2016 wurden allein an einem Tag 47 Menschen hingerichtet.

Auch daher hat Dina Ali Lasloom versucht zu fliehen, sie wollte nicht nur den Missbrauch von Verwandten und einer Zwangsehe entkommen, sie möchte als Mensch leben, frei sein. Nun droht ihr der Tod, sobald die internationale Aufmerksamkeit nachlässt, denn männliche Verwandte haben in Saudi Arabien de facto auch das Recht, über den Tod der ihnen anvertrauten Frauen zu entscheiden. Bringt die Familie Dina Ali um, wird sie nicht bestraft.

Die von Frau Merkel in ihrem Statement genannten Fortschritte wie der erhöhte Anteil weiblicher Führungskräfte gibt es zwar, noch vor ein paar Jahren gab es kaum Frauen in solchen Positionen, heute sind es ein paar. Saudi Arabien wird durch die sinkenden Staateinnahmen auf Grund des niedrigen Ölpreises zu Reformen gezwungen. So werden immer mehr Frauen immer besser ausgebildet, es wird darüber diskutiert, Frauen Sport an den Universitäten zu erlauben, sogar eine Fahrerlaubnis für Frauen ist nicht mehr völlig abwegig. Erst gestern sagte der für Unterhaltung zuständige Minister, dass die bisher absolut verbotenen Kinos wieder erlaubt werden sollen, sogar der Bau eines Opernhauses sei denkbar. All diese Reformen lenken jedoch davon ab, dass Menschenrechte immer noch in weiter Ferne sind und auch nicht ernsthaft diskutiert werden. Das Königshaus bleibt bei den Grundlagen eines theokratisch-islamischen Systems ohne jede Freiheit, weder Meinungs- noch Glaubensfreiheit oder Grundrechte für Frauen werden in Aussicht gestellt.

Das von den Medien verbreitete Foto, in dem die Bundeskanzlerin saudische Unternehmerinnen trifft, und ihr bisheriges Pressestatement, in dem sie den langsamen Fortschritt in Saudi Arabien lobt, sind daher eine Farce.

Wir werden weiter auf Dina Ali Laslooms Schicksal aufmerksam machen, und die Petition bis zum G20 Gipfel im Juni in Hamburg laufen lassen. Saudi Arabien ist ein Mitglied der G20 und wird selbstverständlich an dem Gipfel teilnehmen. Auch darüber hinaus werden wir keine Ruhe geben, bis wir wissen, ob Dina Ali in Sicherheit ist. Und wir verlangen weiterhin eine Antwort der Bundesregierung auf die Frage, wie Deutschland abgestimmt hat, als es in der UN um die Menschrechte von Frauen ging. Hat Deutschland bei der Wahl der UN Commission on the Status of Women für oder gegen Saudi Arabien gestimmt?

Mit jeder Unterschrift wird eine Email an das Bundeskanzleramt geschickt, es lohnt sich also nach wie vor zu unterschreiben. Allen bisherigen Unterzeichnern unseren großen Dank!

https://www.change.org/p/open-letter-to-chancellor-merkel-savedinaali?utm_source=embedded_petition_view

PS: Das Bild ist ein PR-Desaster, herausgegeben durch den offiziellen saudischen Twitteraccount.

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