Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel #2 #SaveDinaAli
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
leider haben Sie nicht auf unseren ersten Brief vor Ihrer Reise nach Saudi Arabien reagiert. Wir haben uns an Sie gewandt, um Sie auf Dina Ali Lasloom aufmerksam zu machen, und Sie gebeten, sich für Dina Ali einzusetzen.
Dina Ali Lasloom wird mittlerweile seit knapp zwei Monaten in Saudi Arabien festgehalten, nachdem sie auf ihrer Flucht auf einem Flughafen in den Philippinen gekidnappt und mit Klebeband gefesselt zurück nach Saudi Arabien verfrachtet wurde. Der Grund für Dina Alis Flucht liegt im saudischen Vormundschaftsystem über Frauen.
In Saudi Arabien unterstehen Frauen der Vormundschaft eines männlichen Verwandten. Ohne die Erlaubnis des Vormundes dürfen sie nicht studieren, arbeiten oder reisen. Sie dürfen nicht alleine ohne einen Mann im Haus leben. Frauen können nicht entscheiden, ob und wen sie heiraten wollen, sie dürfen keine einzige Entscheidung von Geburt bis Tod für sich selbst treffen. Damit sind saudische Frauen Menschen zweiter Klasse, nicht Bürgerinnen, sondern Gefangene in ihrem eigenen Land.
Auch Dina Ali durfte nicht entscheiden, wen sie heiraten möchte. Ein möglicher Grund für ihre Flucht wird in einer Zwangsheirat vermutet. Wir wissen es nicht, denn seit dem 11. April gibt es kein Lebenszeichen von Dina Ali Lasloom.
Sehr geehrte Frau Merkel, Sie sind am 30. April in Vorbereitung des am 7. und 8. Juli stattfindenden G20 Gipfels nach Saudi Arabien gereist. Dort haben Sie sich mit einer Gruppe privilegierter Geschäftsfrauen getroffen und im Anschluss verkündet: „Ich habe eben ein Gespräch mit einer Gruppe von Frauen geführt, die sehr eindrucksvoll gezeigt haben, wie Frauen hier ihren Beitrag leisten. Das Ziel der Agenda 2030 ist, dass 30 Prozent der Frauen im Jahr 2030 berufstätig sind.“
Auch jetzt arbeiten bereits etliche Frauen in Saudi Arabien, es ist durchaus denkbar, dass bis 2030 ein beträchtlicher Anteil der Führungskräfte Frauen sind. Nur werden diese Frauen nicht allein zur Arbeit fahren können, denn Frauen dürfen in Saudi Arabien kein Auto fahren. Frauen können ihren eigenen Arbeitsvertrag auch nicht unterschreiben, denn sie sind, Führungsposition oder nicht, rechtlich unzurechnungsfähig, Menschen zweiter Klasse, die die Unterschrift eines männlichen Verwandten unter jedem Vertrag brauchen. Trotz der Ankündigung des saudischen Königs, das Vormundschaftssystem zu lockern, so dass Frauen wenigstens medizinische Hilfe ohne die Einwilligung eines Vormundes bekommen, hat sich bisher nichts geändert. Vor drei Tagen, am 4. Juni, wurde Loujain al-Hathloul am King Fahad International Airport in Dammamin festgenommen. Al-Hathloul ist eine saudische Menschenrechtlerin, die sich für das Recht auf Autofahren für Frauen einsetzt. Offensichtlich versuchte sie auszureisen, wie Dina Ali Lasloom ist sie seitdem verschwunden. Ebenso wie Maryam al Otaibi und die Schwestern Ashwaq und Areej, die versuchten, vor dem Missbrauch durch ihre Familien zu fliehen.
Dennoch wurde Saudi Arabien kürzlich durch den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, in dem auch auch Deutschland einen Sitz hat, in die UN Commission on the Status of Women gewählt. Sehr geehrte Frau Merkel, bitte teilen Sie uns mit, ob Deutschland in der geheimen Abstimmung für oder gegen Saudi Arabien gestimmt hat.
Frau Bundeskanzlerin, Sie treffen sich in einem Monat erneut mit Regierungsvertretern Saudi Arabiens. Dina Ali Lasloom, Maryam al Otaibi und den vielen unbekannten Frauen, die in den Gefängnissen Saudi Arabien eingekerkert sitzen, weil sie wie Menschen leben wollten, kann nur durch internationalen Druck geholfen werden.
Sehr geehrte Bundeskanzlerin, werden Sie sich diesmal für diese Frauen einsetzen?
Wie bereits in unserem ersten Brief fordern wir Sie auf,
1. Auskunft zu verlangen über Dina Ali Laslooms Aufenthaltsort und die Bedingungen, unter denen sie festgehalten wird.
2. auf die Ausreiseerlaubnis aus Saudi Arabien für Dina Ali Lasloom hinzuwirken.
3. sich für die Abschaffung des saudischen Vormundschaftssystems über Frauen einzusetzen.
Sehr geehrte Frau Merkel, retten Sie Dina Ali!
Ihre Frauen für Freiheit