Offener Brief an Außenminister Heiko Maas zu Berufung der stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime als Beraterin

Dienstag 28. Juli 20 21:33

Sehr geehrter Außenminister Heiko Maas,

Herr Görgen hat über den Twitter-Account @AA_Kultur die Berufung von Frau Soykan als Beraterin für Auswärtige Amt bekannt gegeben. Frau Soykan, stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, soll in der Abteilung „Außenpolitik und Religion“ beraten.

Für Frauen für Freiheit e. V. als Verein, der die im Grundgesetz garantierte Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördert, wirft die Berufung Fragen auf. So hat Frau Soykan der bereits 2004 im Verfassungsschutzbericht erwähnten Website Muslim Markt noch 2011 ein Interview gegeben, in dem sie jeden Zusammenhang zwischen sogenannten Ehrverbrechen und dem Islam abstreitet.

Zitat:

MM: Auch in Ihrer Anwaltskanzlei sind Sie sicherlich auch mit muslimischen Familienproblemen beschäftigt. Was steckt hinter dem Vorurteil der Rechtbrüche von Muslimen - Stichwort Ehrenmord, Zwangsheirat - und wie kann es gelingen zu verdeutlichen, dass jene Probleme nicht durch die Zuwendung, sondern Abwendung vom Islam entstehen?

Nurhan Soykan: Meist sind es soziale, psychologische Probleme, gepaart mit traditioneller Auslegung von Werten, die nichts mit dem Islam zu tun haben. Allein die Einstufung der Betroffenen als Muslime, macht es zu einem islamischen Problem. Dagegen können wir uns nur wehren, indem wir gebetsmühlenartig erklären, wie unsere Religion zu diesen Erscheinungen steht.“

Nun gibt es neben religiösen Werten auch kulturelle Faktoren bei Ehrenmorden sowie Zwangsheiraten, aber nicht nur. In allen islamischen Ländern der Welt kämpfen Frauen für ihre Rechte und gegen Zwangsheirat, sozialen und/oder gesetzlichen Zwang zum Kopftuch oder Ganzkörperverschleierung, gegen eine dem Mann untergeordnete Stellung, die Männer bei Ehrverbrechen straffrei ausgehen lässt. Wie wirkt sich eine Beraterin wie Frau Soykan auf die Außenpolitik des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Rechte von Frauen beispielsweise im Iran, in Saudi Arabien, in Afghanistan, in Algerien, Tunesien und Ägypten, im Sudan aus, wenn sie jeden Zusammenhang mit der Religion leugnet?

Frauen in Europa haben jahrzehntelang gegen religiöse Vorschriften und damit verbundene Keuschheitsnormen sowie die Herabsetzung von Frauen gegenüber Männern gekämpft. Ohne Religionskritik wären Frauen heute in Europa nicht gleichberechtigt. Frau Soykan hingegen kämpft für die Etablierung von Religion im öffentlichen Raum, sie setzt sich für das Tragen des Kopftuchs bei Lehrerinnen und Richterinnen ein, gegen ein Verbot des Kopftuchs für religionsunmündige Kinder. Frau Soykan war Vorstandsmitglied im Aktionsbündnis Muslimischer Frauen in Deutschland e.V., ein Verein, der zum Beispiel für das Recht auf Gesichtsverschleierung von Frauen an Hochschulen eintritt.

Zudem hat Frau Soykan nicht nur dem für die Verbreitung von Antisemitismus bekannten Muslim Markt ein Interview gegeben, sie hat auch den antisemitischen Al Quds-Marsch und die drastischen antisemitischen Äußerungen auf Demonstrationen gegen Israel verteidigt. Der Zentralrat der Muslime weigert sich, sich von seinem Mitgliedsverband Atib (Union der Türkisch-Islamischen
Kulturvereine in Europa) zu distanzieren, den der Verfassungsschutz den türkischen Rechtsextremisten der Grauen Wölfe zurechnet. Dessen stellvertretende Vorsitzende Soykan hat ihre Haltung deutlich gemacht, indem sie die Stellungnahme der Atib am 16. Juli 2020 auf ihrer Facebookseite gepostet hat.

Das Auswärtige Amt muss die Werte des Grundgesetzes in der Außenpolitik vertreten. Die Tätigkeiten, Aussagen und Verbindungen von Frau Soykan lassen erhebliche Zweifel entstehen, dass sie Gleichberechtigung und andere elementare Werte des Grundgesetzes vertritt. Mit der Berufung sendet das Auswärtige Amt auch gegenüber Frauen, die aus islamischen Ländern vor Verfolgung nach Deutschland geflüchtet sind, das falsche Signal. Deutschland ist ein Land, das Frauen Schutz vor geschlechtsspezifischer Verfolgung bietet. Die Berufung einer Funktionärin mit Verbindungen zu frauenfeindlichen und antisemitischen Extremisten ist ein Schritt in eine fundamental falsche Richtung. Wir fordern Sie auf, die Berufung von Frau Soykan rückgängig zu machen. Bitte nehmen Sie zu dem Vorgang der Berufung von Frau Soykan Stellung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Rebecca Schönenbach

Vorsitzende von Frauen für Freiheit e.V.

 

www.frauenfuerfreiheit.de

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