Kurzbericht zur Podiumsdiskussion „Frauen, Terror und sexuelle Gewalt“ am 18.12.2018
von Gero Ambrosius
Fünf Stunden lang schlugen, misshandelten, vergewaltigten sie mehrere dutzend Frauen. Etwa dreihundert Männer aus der Umgebung. Sie fühlten sich im Recht. Die Frauen hatten den Fehler begangen, als Arbeitsmigrantinnen in Algerien tätig zu sein und dabei auf männliche Begleitung zu verzichten. Der Imam einer nahe gelegenen Moschee hatte gewütet über diese gotteslästerlichen Zustände und gefordert, dieses ehrlose Treiben müsste ein Ende haben.
Einer von vielen verstörenden Berichten, welche die Referentinnen der Podiumsdiskussion „Frauen, Terror und sexuelle Gewalt“ am 18.12.2018 in Berlin in Eingangsreferaten voranstellten. Berichte über religiös und kulturell begründete Gewalttaten gegen Frauen, von Zwangsheiraten über Gruppenvergewaltigungen und Genitalverstümmelungen bis zu Ehrenmorden. Naïla Chikhi, Gülşen Çelebi und Rebecca Schönenbach diskutierten, moderiert von Sigrid Hermann-Marschall, über die Hintergründe solcher Taten, über die Dimensionen dieser Problematik und über Strategien zu deren Überwindung.
Naïla Chikhi stellte dabei eine selbstbewusste und kompromisslose Haltung im Umgang mit Ehrverbrechern und deren weltanschaulichen Umfeld in den Vordergrund. In einem zu sehr um Harmonie bemühten Umgang und der Bereitschaft, eigene Überzeugungen und Regeln leichtfertig zu relativieren, sehe sie einen wesentlichen Faktor für die unheilvolle Entwicklung der vergangenen Jahre in diesem Bereich. Durch ihre Arbeit mit Häftlingen, in der sie diese zur Reflektion ihrer Ehrvorstellungen anregt, verfügt sie über einen fundierten Einblick in deren Sicht- und Denkweisen.
Gülşen Çelebi berichtete über ihre Erfahrungen als Rechtsanwältin auf diesem Gebiet und wusste über Gemeinsamkeiten, Charakteristika und Tathintergründe zu berichten. Seit vielen Jahren vertritt sie von Ehrverbrechen bedrohte Frauen und leistet dabei auch Hilfe beim Untertauchen. Çelebi beleuchtete auch bisher weniger diskutierte Phänomene wie die Beihilfe zum Selbstmord als Variante des Ehrenmords, bei dem das Opfer genötigt wird, die Tat selbst zu vollstrecken um etwa jüngere Brüder davor zu schützen, zu Mördern zu werden.
Rebecca Schönenbach forderte, islamisch motivierte Gewalttaten, wie etwa die der sogenannten Grooming Gangs, von anderen sexuellen Gewalttaten zu unterscheiden und als politische Gewalt und damit als Vorstufe zu Terror einzuordnen. Wenn etwa im englischen Rotherham über Jahre hinweg islamische Täter in gigantischem Umfang systematisch Vergewaltigungen von Mädchen durchführen und dies islamisch legitimieren, dann sei dies ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zum Bereich der Pädophilie. Auch der Grad der Organisiertheit und Vernetzung sowie die Zustimmung der Täterumgebung unterscheide politische Gewalt von Pädophilenringen. Diese Einordnung ermögliche notwendige weitergehende polizeiliche und juristische Vorgehensweisen. Durch ihre Arbeit in der Terrorismus-Abwehr konnte Schönenbach einen sehr detailreichen Überblick über die Dimensionen islamisch motivierter Gewalt und den Notwendigkeiten bei deren Bekämpfung geben.
Durch die Veranstaltung führte Sigrid Herrmann-Marschall, die als Islamismus-Expertin den notwendigen fachlichen Hintergrund mitbrachte, um die verschiedenen Argumentationen zusammenzuführen und der Diskussion einen roten Faden zu geben. Dem mit rund fünfzig Interessierten gut besuchten Publikum wurde anschließend die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen, was intensiv genutzt wurde. Der Abend klang aus bei Wasser, Wein und lockeren Gesprächen in informellem Rahmen.
„Frauen, Terror und sexuelle Gewalt“ war der Auftakt einer Veranstaltungsreihe zur Thematik religiös, kulturell und politisch motivierter Gewalt gegen Frauen. Ende Februar/ Anfang März 2019 wird die nächste Diskussion zu Religionsfreiheit, Kopftuch und Neutralitätsgesetz aus juristischer Sicht stattfinden. Nähere Infos werden an dieser Stelle veröffentlicht, gerne können Sie sich auch über info @ frauenfuerfreiheit.de für den Newsletter anmelden.