Die Neuen Handlanger

Sonntag 26. Mai 19 13:06

In eigener Sache: Ergebnis des Verfahrens Frauen für Freiheit e.V. versus Christian Fuchs

Die Grenzen verlaufen nicht mehr zwischen links und rechts, sondern zwischen Demokraten und Anti-Demokraten. Zwischen denjenigen, die Meinungsfreiheit aushalten und garantieren möchten, die offen für Argumente sind und trotz Differenzen dem politischen Gegner seine vollen Rechte zugestehen. Und denjenigen, die im Namen der Meinungsfreiheit Hass verbreiten, die Kritik an Religionen mit dem Hass auf Menschen vermischen wollen, besonders gegen Muslime hetzen, die ihren Antisemitismus hinter Israelkritik verstecken, und deren einziges Ziel ein totalitäres System ist.

Wir leben glücklicherweise in einem Rechtsstaat. Wer verleumdet wird, wie Frauen für Freiheit e. V. durch Christian Fuchs, kann klagen. Herr Fuchs hatte unseren Verein auf seine Karte eines Netzwerks der Neuen Rechten gesetzt, deren Ziel die Abschaffung des Rechtsstaats ist, und dies mit vier falschen Tatsachenbehauptungen begründet. Eine davon wurde nach unserem Protest zurückgenommen, jedoch stellte Herr Fuchs die anderen Behauptungen nicht richtig. Daher haben wir geklagt und nach ein paar Worten der vorsitzenden Richterin zum Pressekodex war schnell klar, dass Herr Fuchs die grundlegenden Prinzipien seines Berufes verletzt hat. Christian Fuchs hat sich daher auf eine Einigung eingelassen, alle Behauptungen zurückgenommen, und dies auf seiner Website neuerechte.org unter dem Reiter „Erratum“ öffentlich gemacht.

Mir ist Opfergeschrei zuwider. Dennoch bleibt ein sehr schaler Nachgeschmack, denn allein die Tatsache, dass ein renommierter Journalist sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, unsere Website zu besuchen, unsere Arbeit, Stellungnahmen und Blogeinträge zur Kenntnis zu nehmen, sondern bereit ist, auf vermutlich anonyme Hinweise hin eine demokratische Initiative, deren Hauptziel die Prävention sogenannter Ehrenmorde ist, durch falsche Behauptungen zu diskreditieren, ist ein Alarmzeichen. Ein kleiner Verein wie Frauen für Freiheit e. V. hat wenig Mittel, seine eigentlichen Aufgaben zu erfüllen. Alle Teammitglieder arbeiten ehrenamtlich. Unsere Mittel und unsere Zeit gehen durch die Angriffe in Verteidigung statt in produktive Arbeit. Und genau dies ist das Ziel der doch vorgeblich durch die Christian Fuchses dieser Welt bekämpften Neuen Rechten.

Nachdem wir den ersten sogenannten Frauenmarsch aus dem AfD-Umfeld scharf kritisiert hatten, wurden wir nicht nur von AfD-Fans massiv beschimpft, sondern auch der nächste Marsch in unserem Namen angemeldet. Das ist möglich, da keine Identitätsprüfung bei der Anmeldung von Demonstrationen erfolgt. Wir waren gezwungen, gegen Leyla Bilge e. V., den eigentlichen Anmelder, juristisch vorzugehen. Auch das ein Mittel, unsere Ressourcen „umzulenken“ und uns zu diskreditieren. Es folgte ein weiterer Versuch, diesmal der Identitären, uns in eine Falle zu locken. Es gäbe ein Treffen nicht-organisierter, verschiedener Interessenten zum Austausch über Frauenrechte. Wäre irgendjemand unseres Teams dumm genug gewesen, auf so eine plumpe Art hereinzufallen, wären wir auf kompromittierenden Fotos gewesen, ohne vorher informiert worden zu sein, um wen es sich tatsächlich handelt. Immer wieder versuchen extreme Rechte, unsere Arbeit zu zerstören. Es gibt wohl kaum etwas, das ihre Narrative mehr stört, als der Einsatz für die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen aus islamischen Gemeinschaften. Das haben sie mit ihren extrem-islamischen Zwillingen gemeinsam.

Wenn nun aber ein Journalist auf die Narrative der extremen Rechten hineinfällt und die Anmeldung des AfD-nahen Marsches in unserem Namen trotz gegenteiliger Stellungnahmen, bestätigt durch Mitarbeiter des Polizeipräsidiums, als Tatsache hinstellt, macht er sich zum Handlanger der Neuen Rechten. Denn Extremisten aller Couleur zielen auf die Errichtung eines totalitären Staates, auf die Abschaffung individueller Rechte und die Etablierung von Gruppenidentitäten als maßgebliche, auch strafrechtliche, Instanz. Ihr Hauptfeind sind Demokraten, die sich gegen die Zuordnung in Gruppenidentitäten wehren, gegen die Zersetzung des Rechtsstaats, der eben die individuelle Rechte jedes Einzelnen schützt.

Der Anwalt Herrn Fuchs hat vor Gericht angedeutet, er sehe das Problem nicht, schließlich sei Frauen für Freiheit e. V. relativ unbekannt. Auch das ein Zeichen, wie wenig ein Anwalt von Demokratie und Rechtsstaat versteht. Abgesehen von der Ironie, dass ein Journalist seinen Ruf riskiert, indem er eine „unbekannte“ Initiative verunglimpft, versteht der Anwalt erschreckend wenig von Demokratie. Denn Demokratie lebt von bürgerlichem Engagement, dem Engagement unzähliger Einzelpersonen und Initiativen, die alle zur Meinungsbildung und zum demokratischen Prozess beitragen. Gesetze bilden nur den Rahmen, der durch die Gesellschaft gefüllt wird. Auch darum zielen wir nicht auf Täter ab, die Gewalt gegen Frauen verüben, sondern auf die Reaktion der Mehrheitsgesellschaft. Nur wenn die Mehrheit einen demokratischen Konsens findet, der Antisemitismus, gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, und Gewalt gegen Frauen sozial ächtet und aktiv dagegen vorgeht, werden diese undemokratischen Tendenzen endgültig ad absurdum geführt.

Wenn nicht mehr zählt, was eine Organisation und deren Vertreter sagen und tun, sondern nur noch, was über sie behauptet wird, ungeprüft und substanzlos, ist ein weiterer Schritt in Richtung Totalitarismus getan. Wir wehren uns nicht nur gegen die extremen Rechten, sondern auch gegen deren Neue Handlanger, die nur zu bereit sind, die Narrative der Extremisten zu verbreiten.

Und zwar nicht nur, um den Erhalt und Ausbau unserer Arbeit zu schützen, sondern am Tag der Europawahl auch aus tiefer demokratischer Überzeugung.

Wir machen weiter, denn für uns gilt #FreiheitohneWennundAber!

 

Ihre

Rebecca Schönenbach

Vorsitzende von Frauen für Freiheit e. V.

Die Neuen Handlanger